| Rezension Iron Dawn Während das Setting der ‘Acts of Caine’ ein wildes Crossover aus Science-Fiction und Fantasy darstellt und Matthew Woodring Stovers ‘Star Wars’-Romane klar in eben diesem Universum angesiedelt sind, hat er sich mit den beiden Barra-Büchern (im Deutschen aus einem mir unverständlichen Grund mit ‘Schicksal-Zyklus’ betitelt) ganz anderem zugewandt. ‘Iron Dawn’ war sein erster veröffentlichter Roman und ist demnach schon etwas älter, was in diesem Fall aber nicht sonderlich viel bedeutet (erschienen 1997 in den USA und 2001 bei Heyne, Deutschland). Leider sind die amerikanischen Ausgaben vergriffen, und nachdem ein baldiger Neudruck nicht in Aussicht stand, musste ich mit den Übersetzungen vorlieb nehmen. Und war angenehm überrascht. Die Übersetzung (von Alfons Winkelmann, nebenbei bemerkt) ist - bis auf ein paar wenige stilistische Ausrutscher - gelungen und schafft erfolgreich, einen großen Teil der durch Stovers originalen Schreibstil entstehenden Atmosphäre einzufangen (soweit ich das halt beurteilen kann, ohne die Original-Pendants jetzt zu kennen). Der Titel ist geschickt gewählt, signalisiert er doch schon, zu welchem Zeitpunkt die Handlung der Geschichte statt findet: die Bronzezeit geht ihrem Ende zu und die Eisenzeit lugt schon hinter dem Horizont hervor. Nicht die Römer beherrschen die bekannte Welt (wie auch, liegt doch der trojanische Krieg erst wenige Jahre zurück), sondern die Ägypter, und neben ihnen zahlreiche andere Völker wie Assyrer, Hethiter, Achaier (Griechen), Phönizier und Korinther. Das allein ist schon eine willkommene Abwechslung von den pseudo-mittelalterlichen Szenarien, die von den meisten Fantasy-Autoren heraufbeschworen werden, sei es nun eine historisch begründete Erde oder eine eigene Welt. Der Unwillen des Autors, sich den gängigen Klischees zu beugen, äußert sich auch in den durchweg dreidimensionalen Charakteren, von Barra, der piktischen Söldnerin, die sich einen Dreck um Abstrakta wie ‘Gut’ oder ‘Böse’ schert und die nur kümmert, dass sie und wieviel Geld sie bekommt, über den verstoßenen ägyptischen Prinzen Meremptah-Sifti, dessen düsterer Plan Barras Heimatstadt zu vernichten droht, bis hin zu Kheperu, einem von Barras Berufskollegen und seit ihrem letzten Auftrag ein ständiger Begleiter, ein stinkender, dem Waschen sehr abgeneigter Sheshperank (‘Zauberkünstler’) mit einer kranken Lebenseinstellung und einer mysteriösen Vergangenheit. Wie auch Stovers andere Werke ist ‘Eiserne Dämmerung’ kein Fall für Leute mit schwachem Magen... Menschen wie Tiere werden gemetzelt, Blut spritzt und Körperteile werden abgetrennt, Gewalt ist ständig vertreten und wird genauestens, manchmal fast schon im Übermaß, beschrieben; hinzu kommen dann später noch die Untoten, die auch wahrlich kein schöner Anblick sind. Atmosphäre ist definitiv da (auch in der Übersetzung), und sie ist auch grundsätzlich düster gehalten. Die Interaktion zwischen den Charakteren ist jedoch gerade im ersten Drittel desöfteren ein Grund zum Schmunzeln, und bis es richtig abgeht, dauert es auch noch bis Kapitel 17. Irgendwie konnte ich ein leichtes Rollenspiel-Feeling nicht abschütteln ob des recht linearen Plots und dem simplen, ‘questsuchenden’ Einstieg, was dem Roman aber nicht zum Nachteil gereicht. Tatsächlich könnte ich mir ‘Iron Dawn’ recht gut als PC-Rollenspiel vorstellen, wenn die richtigen Leute daran arbeiten. Abschließend bleibt mir noch zu sagen, dass dieses Buch jedem zu empfehlen ist, der sich nicht vor übermäßiger Brutalität in Büchern fürchtet und der gerne einmal etwas anderes lesen will als die üblichen Tolkien-Klone. Allerdings wäre es vielleicht zu empfehlen, vorher seine Erinnerung etwas aufzufrischen, was antike, vorrömische Hochkulturen, deren Lage (geographisch wie politisch, zum Zeitpunkt 13. Jhdt. v. Chr.) und deren Götter angeht. Und ich will auch nicht verschweigen, dass mir Stovers andere Romane ausschließlich besser gefallen haben, weil ‘Eiserne Dämmerung’ eines fehlt: die philosophische, stellenweise sozialkritische Unterströmung, die ‘Heroes Die’, ‘Blade of Tyshalle’ und ‘Traitor’ so auszeichnet. Das Buch selbst wertet das insgesamt allerdings nicht ab, es ist immer noch ein höchst genießbarer ‘historical Fantasy’-Schinken und besser als so manches andere, was dem SFF-Fan heute geboten wird. (Februar 2003) |